Freitag, 6. Juni 2025

Ein Jahr nach dem Pfingsthochwasser

OB Conradt zieht Bilanz, fordert Entbürokratisierung, ausreichende Finanzausstattung und krisenfeste Gesetze.

Oberbürgermeister Uwe Conradt - LHS

Oberbürgermeister Uwe Conradt - LHS

Oberbürgermeister Uwe Conradt - LHS

Pfingsten 2024 – ein Naturereignis, das tiefe Spuren in der Landeshauptstadt Saarbrücken hinterlassen hat. Überflutete Straßen, abgerutschte Hänge, zerstörte Gebäude und verlorene Lebensgrundlagen prägen das kollektive Gedächtnis. Ein Mensch verlor dabei sein Leben. Auch ein Jahr später sind viele Menschen mit den seelischen und materiellen Folgen konfrontiert.

Oberbürgermeister Uwe Conradt zieht Bilanz – und richtet einen deutlichen Appell an Land und Bund: „Pfingsten ist für uns nicht nur eine Zeit der Erinnerung, sondern auch eine Mahnung. Wir müssen unsere Städte an den Klimawandel anpassen und bei der Krisenvorsorge und Krisenreaktion insgesamt schneller und agiler werden.“

Land mit Unterstützung – Bund bleibt weitgehend untätig

Trotz aller Kritik hebt Oberbürgermeister Conradt hervor, dass das Land finanzielle Mittel bereitgestellt hat und das Innenministerium seiner Aufgabe gerecht geworden ist – dies sei ein wichtiges Zeichen der Solidarität im Saarland. „Das Land hat Verantwortung übernommen und uns in einer schwierigen Situation nicht allein gelassen. Dafür sind wir dankbar“, so Conradt.

Ganz anders stellt sich die Lage beim Bund dar: „Was vom Bund kam, war bestenfalls symbolisch. Weder für die Krisenfolgen noch durch Förderungen an anderen Stellen gab es die versprochene schnelle, unbürokratische Unterstützung? Für uns wie für viele Kommunen war der Bund im Katastrophenjahr 2024 ein Totalausfall.“

Großer Einsatz vor Ort

In den ersten Tagen nach dem Hochwasser waren über 1.000 Einsatzkräfte im Dauereinsatz – unterstützt von mehreren hundert Mitarbeitenden der Stadt, kommunaler Betriebe und Spontanhelfern. Der ZKE entsorgte 9.000 Kubikmeter Sperrmüll, das Grünamt beseitigte über 1.000 Schadstellen, das Gebäudemanagement sanierte beschädigte Infrastruktur – unter anderem die Sporthalle Brebach. Zudem sei an dieser Stelle nochmals an die Hilfsbereitschaft in den Nachbarschaften erinnert, die ebenfalls Großes geleistet haben.

Die Stadt hat nicht nur aufgeräumt und repariert, sondern auch vorausschauend gehandelt: Gewässer wurden überprüft, Rückhalteflächen optimiert, neue Hochwasserschutzmaßnahmen eingeleitet. Beratung und Frühwarnsysteme wurden intensiviert. Zudem hat die Stadt ein Klimaanpassungskonzept auf den Weg gebracht und einen Hitzeaktionsplan. Wir arbeiten nun an einem gesamtstädtischen Hochwasserschutzkonzept.

Doch all das kostet – und hier endet die Solidarität von Land und Bund oft zu früh.

„Wir stehen als Kommune an vorderster Front der Klimakrise, aber der Bund lässt uns zu oft im Regen stehen. " Oberbürgermeister Uwe Conradt

Deutliche Kritik an Bund und Land: Symbolpolitik reicht nicht aus

„Wer möchte, dass Städte Verantwortung übernehmen, muss sie dazu auch befähigen“, sagt Conradt. „Wir stehen als Kommune an vorderster Front der Klimakrise, aber der Bund lässt uns zu oft im Regen stehen. Förderprogramme sind zu bürokratisch, Finanzmittel nicht dauerhaft gesichert – und die Gesetzgebung ist krisenuntauglich.“

Die zentralen Forderungen der Landeshauptstadt an Land und Bund:

  • Dauerhafte und auskömmliche Finanzierung für Bevölkerungsschutz und Klimaanpassung – keine punktuellen Hilfen, sondern verlässliche Mittel.
  • Lösung der kommunalen Altschuldenproblematik, um Investitionen in Krisenzeiten nicht zu blockieren.
  • Tiefer Bürokratieabbau – besonders bei Genehmigungen für Sicherungsmaßnahmen und Wiederaufbau. Entscheidende Wochen gehen durch administrative Hürden verloren.

„Es darf nicht sein, dass wir bis zu sieben (!) naturschutzrechtliche Anträge mit zahlreichen Gutachten stellen müssen, um die Absicherung eines abgerutschten Hangs an einer Hauptverkehrsstraße auf den Weg zu bringen. Hier müssen unsere Naturschutzgesetze auf den Prüfstand und auf die Klimafolgen angepasst werden“, betont Conradt.

Appell an das Land: Bundesratsinitiative jetzt!

„Im Präsidium des Deutschen Städtetags haben wir klare Forderungen formuliert: Der Rechtsrahmen muss so gestaltet sein, dass Schäden an der öffentlichen Infrastruktur nach Extremwetterereignissen unverzüglich beseitigt werden können. Ich erwarte, dass das Umweltministerium des Saarlandes hierzu endlich eine Bundesratsinitiative ergreift und unsere saarländischen Bundestagsabgeordneten dürfen sich ebenfalls angesprochen fühlen“, erklärt Conradt.

„Entbürokratisierung darf kein Lippenbekenntnis bleiben – wir müssen ins Handeln kommen.“

Saarbrücken geht voran – und fordert aktive Partnerschaft statt Sonntagsreden

OB Conradt: „Wir haben in der Krise gezeigt, dass wir handlungsfähig sind, für die Stadt und für den Regionalverband als Untere Katastrophenschutzbehörde. Wir haben im Nachgang gezeigt, dass wir in allen Bereichen zahlreiche Maßnahmen umsetzen und wir planerisch und strategisch uns weiterentwickeln. Es braucht aber eine gemeinsame Kraftanstrengung auf allen Ebenen – Kommune, Land, Bund – nur gemeinsam können wir unser Land krisenfest und zukunftsfähig gestalten.“

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Pressefotos stehen für redaktionelle Zwecke unter Angabe der Quelle „Landeshauptstadt Saarbrücken“ kostenfrei zur Verfügung.