Montag, 5. September 2022

„Platz der Erinnerung“ und Denkmal „Band der Erinnerung“ vor Saarbrücker Synagoge eingeweiht

Im Rahmen einer Feierstunde am Sonntag, 4. September, wurden das neue Denkmal „Band der Erinnerung“ und der „Platz der Erinnerung“ vor der Saarbrücker Synagoge offiziell eingeweiht.

Großes Interesse der Bevölkerung bei der Einweihung des Denkmals "Band der Erinnerung" und des "Platzes der Erinnerung" - Landeshauptstadt Saarbrücken

Großes Interesse der Bevölkerung bei der Einweihung des Denkmals "Band der Erinnerung" und des "Platzes der Erinnerung" - Landeshauptstadt Saarbrücken

Großes Interesse der Bevölkerung bei der Einweihung des Denkmals "Band der Erinnerung" und des "Platzes der Erinnerung" - Landeshauptstadt Saarbrücken

Oberbürgermeister Uwe Conradt, Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, Ricarda Kunger, Vorsitzende der Synagogengemeinde Saar, und Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, würdigten den Anlass mit Redebeiträgen.

"Mit der namentlichen Erinnerung setzen wir ein Zeichen für Würde, Respekt und Menschlichkeit." OB Conradt

Der neue Gedenkort vor der Synagoge dient dem namentlichen Gedenken an die jüdischen Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, die im früheren Saargebiet gelebt haben. Die begehbare Denkmal-Skulptur in Form einer teilweise durchsichtigen, wellenförmigen Wand besteht aus einem mehrfach geschwungenen, leicht geneigten Edelstahl-Band. In alphabetischer Reihenfolge erscheinen die Daten von 1.928 Opfern in dem „Band der Erinnerung“. Das Denkmal wurde auch zum Gedenken an weitere jüdische Opfer errichtet, die in der Skulptur unbenannt sind, weil ihr persönliches Schicksal nicht in Erfahrung gebracht werden konnte.

Oberbürgermeister Uwe Conradt: „Mitten im Herzen unserer Stadt hält das neue Denkmal vor der Synagoge die Erinnerung an unsere ermordeten und verfolgten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger wach. Mit der namentlichen Erinnerung setzen wir ein Zeichen für Würde, Respekt und Menschlichkeit und würdigen die Opfer des Naziterrors. Wir mahnen an diesem Ort die heutigen und die nachfolgenden Generationen: Demokratie, Freiheit und Menschenwürde sind keine Selbstverständlichkeit. Wir müssen heute und in Zukunft wachsam sein und um unsere Demokratie und unsere Werte kämpfen. Ich möchte allen danken, die daran mitgewirkt haben, dieses Projekt zu verwirklichen, insbesondere den Vertretern der Synagogengemeinde und den ausführenden Künstlern.“

"Auch unsere Generation, unsere Kinder und Enkel stehen in der Verantwortung, dass so etwas nie wieder geschieht." Ministerpräsidentin Anke Rehlinger

Ministerpräsidentin Anke Rehlinger: „Das Denkmal ist eine würdevolle Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus. Es ist zugleich aber auch ein Mahnmal an uns alle. Die systematische Verfolgung und der beispiellose Massenmord an Jüdinnen und Juden durch die Nationalsozialisten dürfen niemals in Vergessenheit geraten. Auch unsere Generation, unsere Kinder und Enkel stehen in der Verantwortung, dass so etwas nie wieder geschieht.“

"Mögen viele Schulklassen mit ihren Lehrerinnen und Lehrern hierherkommen und dieses Denkmal auf sich wirken lassen." Ricarda Kunger, Vorsitzende Synagogengemeinde Saar

Ricarda Kunger, Vorsitzende der Synagogengemeinde Saar: „Die Namen, die Daten und die Sterbeorte, sie sind jetzt hier für jeden klar lesbar alphabetisch aneinandergereiht, sachlich und bar jeden Pathos, unleugbar, einfach nur präsent. Mögen viele Schulklassen mit ihren Lehrerinnen und Lehrern hierherkommen und dieses Denkmal auf sich wirken lassen. Und möge es lange von Vandalismus verschont bleiben.“

„Denkmale wie das ‚Band der Erinnerung‘ sollen nicht nur zum Andenken an die Toten anregen, sondern auch zum Nachdenken." Daniel Botmann, Geschäftsführer Zentralrat der Juden in Deutschland

Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland: „Denkmale wie das ‚Band der Erinnerung‘ sollen nicht nur zum Andenken an die Toten anregen, sondern auch zum Nachdenken. Sich Gedanken zu machen, wie man besser, anständiger, menschlicher handeln kann. Dass wir uns genau überlegen, wie wir verhindern können, dass unsere Nachfahren in 80 oder 100 Jahren wieder Mahnmale aufstellen müssen, die an Verbrechen erinnern, die wir nicht verhindern konnten oder wollten.“

Entstehung des Denkmals „Band der Erinnerung“

Die Initiative für das namentliche Gedenken auf dem Platz vor der Synagoge ging von dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Synagogengemeinde Saar Richard Bermann aus. Einen entsprechenden Beschluss fasste der Stadtrat der Landeshauptstadt Saarbrücken im Jahr 2016. Die namentliche Aufzählung der deportierten und ermordeten jüdischen Frauen, Männer und Kinder aus dem früheren Saargebiet soll unmittelbar an das saarländische Holocaust-Mahnmal „Der unterbrochene Wald“ von Ariel Auslender auf dem Rabbiner-Rülf-Platz anknüpfen und dieses gewissermaßen vervollständigen.

Aus einem offenen, anonymen Kunstwettbewerb, den das Kulturamt der Landeshauptstadt 2019 durchgeführt hatte, ging der Entwurf der Künstlergruppe Mannstein + Vill aus Berlin als Sieger hervor. Im Zeitraum zwischen Juni 2021 und Mai 2022 wurde die Skulptur im Auftrag der Künstlergruppe durch die Firma Kratzer Metallbau GmbH in Zittau in einem aufwändigen Verfahren hergestellt.

Sämtliche Buchstaben und Ziffern der Namen und Geburtsdaten sowie der Todesdaten und -orte der Opfer wurden mithilfe von Lasertechnik aus einzelnen Edelstahlplatten freigefräst. Anschließend wurden die einzelnen Platten in Form gebracht und nach und nach miteinander verschweißt. Mitte Mai dieses Jahres wurde die Skulptur nach Saarbrücken transportiert und auf einer in der Platzfläche vorbereiteten Fundamentplatte aufgestellt.

Die Kosten für das Projekt betragen rund 400.000 Euro. Sie werden jeweils zur Hälfte vom Land und von der Landeshauptstadt getragen. Der Verein „DenkmalMit!“ hat eine Spende beigesteuert.

Informationen rund um das Denkmal vor Ort abrufbar

In Zusammenarbeit der Künstlergruppe Mannstein + Vill mit dem Kulturamt der Landeshauptstadt ist ein Pult mit wesentlichen Informationen über das Denkmal entstanden, das jetzt auf dem „Platz der Erinnerung“ steht. Auf der Webseite erinnern.saarbruecken.de sind weitere Ausführungen zum Thema in mehreren Sprachen abrufbar. Die Landeshauptstadt hat darüber hinaus dieses Jahr einen Accesspoint in Betrieb genommen, über den auf dem Synagogenvorplatz kostenloses WLAN angeboten wird.

Wissenschaftliche Grundlagen

Grundlage für das Denkmal „Band der Erinnerung“ ist eine Liste mit 1.928 Opfern, deren Daten bis zum Beginn der Ausführungsplanung für das Denkmal recherchiert werden konnten. Das Stadtarchiv der Landeshauptstadt und das Landesdenkmalamt haben 2019 und 2020 die Opferdaten mit Unterstützung des Saarländischen Landesarchivs nach wissenschaftlichen Kriterien recherchiert und erfasst. Als Datengrundlage dienten die Opferliste der Synagogengemeinde Saar sowie Vorarbeiten des Vereins „DenkmalMit!“.

Als Opfer wurden für die Erstellung der Liste nicht nur die in den Konzentrationslagern Ermordeten oder mit unbekanntem Ziel Deportierten und seitdem Verschollenen betrachtet. Das Gedenken umfasst auch jüdische Opfer, die in der Emigration als Soldat oder Résistance-Kämpfer fielen, durch die Entbehrungen und Qualen der Flucht und des versteckten Lebens in der Illegalität umkamen oder sich angesichts ihrer Verfolgung für den Freitod entschieden.

Die Recherche nach eventuellen weiteren Opfern ist nicht abschließbar. Insofern gibt das Denkmal ein vorläufiges Ergebnis wieder. Im Herbst dieses Jahres wird das Stadtarchiv Saarbrücken auf der Homepage der Landeshauptstadt ein digitales jüdisches Gedenkbuch mit Opferdaten veröffentlichen.

Weitere Informationen gibt es unter erinnern.saarbruecken.de.

Pressedownload

Pressefotos stehen für redaktionelle Zwecke unter Angabe der Quelle „Landeshauptstadt Saarbrücken“ kostenfrei zur Verfügung.