Dienstag, 13. November 2012

Präsentation des „Saarbrücker 4-Punkte-Modells“ zur Reduzierung der Anzahl von Stromsperren

Mit einem „Saarbrücker 4-Punkte-Modell“ wollen die Landeshauptstadt, der Regionalverband, der Grundversorger Energie SaarLorLux und der Netzbetreiber Stadtwerke Saarbrücken die Anzahl der Stromsperren in der Landeshauptstadt und im Regionalverband künftig reduzieren.

Anfang 2013 soll das Modell starten.

Oberbürgermeisterin Charlotte Britz, Regionalverbandsdirektor Peter Gillo, der Vorstandsvorsitzende der Energie SaarLorLoux AG, Dr. Jochen Starke, und Peter Flohr, Vorstandsvorsitzender der Stadtwerke Saarbrücken AG, haben das Modell am Dienstag, 13. November, im Rathaus St. Johann vorgestellt.

Punkt 1

Punkt 1 des Modells besteht in einer Einwilligungserklärung des Sozialleistungsempfängers, die einen Datenaustausch zwischen dem Grundversorger Energie SaarLorLux und dem zuständigen Jobcenter ermöglicht. Durch die Einwilligungserklärung wird trotz des gesetzlichen Datenschutzes für diesen Sonderfall erlaubt, dass Energie SaarLorLux das Jobcenter informiert, wenn dem Kunden eine Stromsperre droht. Dadurch kann das Jobcenter reagieren und versuchen, die Sperrung zu verhindern und die Zahlung der Außenstände zu erreichen.

Instrumente hierzu sind unter anderem Darlehen, Stundungsanträge, Abschlagszahlungen und Schuldnerberatung. Die Erklärung kann auf freiwilliger Basis beim Jobcenter unterschrieben werden.

Wenn jemand künftig eine Sozialleistung beim Jobcenter beantragt, werden die Mitarbeiter dem Antragsteller die Erklärung erläutern. Auch Personen, die bereits Sozialleistungen beziehen, werden über das Instrument der Einwilligungserklärung informiert, wenn sie das nächste Mal in Kontakt mit der Behörde treten. So kann nach und nach allen Sozialleistungsbeziehern die Erklärung angeboten werden.

Jobcenter und Energie SaarLorLux stimmen zurzeit die Formulierung der Einwilligungserklärung final ab, grundsätzliche datenschutzrechtliche Fragen haben beide Seiten im Vorfeld geklärt. Die für einen Austausch notwendigen Daten, die entsprechenden Datenformate und der Weg der Datenübermittlung werden ebenfalls derzeit einvernehmlich zwischen dem Grundversorger und dem Jobcenter festgelegt.

Punkt 2

Punkt 2 sieht vor, dass Energie SaarLorLux als Grundversorger und die Stadtwerke Saarbrücken als örtlicher Netzbetreiber in der letzten Zahlungsaufforderung beziehungsweise in der schriftlichen Sperrankündigung auf die Hilfemöglichkeiten des zuständigen Jobcenters hinweisen. Zudem werden in Frage kommende flankierende Beratungseinrichtungen (z.B. Schuldnerberatung) aufgezeigt.

Punkt 3

Punkt 3: Die Stadtwerke werden Sperren in der Regel montags bis donnerstags vornehmen. Hiermit soll gewährleistet werden, dass die Betroffenen einer Stromsperre oder das Jobcenter kurzfristig handlungsfähig bleiben. So kann vermieden werden, dass die Betroffenen am Wochenende keinen Strom haben.

Punkt 4

Punkt 4 ist eine Selbstverpflichtung von Energie SaarLorLux, mit gezielten Maßnahmen zukünftig auflaufende Zahlungsrückstände ihrer Kunden möglichst gering zu halten, bevor die erste Mahnung ergeht. Damit soll sichergestellt werden, dass die Zahlungsrückstände in einem zu erarbeitenden Rückzahlungsplan zeitnah wieder ausgeglichen werden können.

Praktikables System für Saarbrücken

Oberbürgermeisterin Charlotte Britz: „Im Rahmen der Debatte um Stromsperren im Zusammenhang mit der schrecklichen Brandtragödie von Burbach ging es mir um die Frage, wie wir künftig verhindern können, dass Kinder in Wohnungen ohne Strom leben müssen. Ich danke allen Beteiligten von Regionalverband, Energie SaarLorLux, Stadtwerken und Stadt, dass sie so schnell bereit waren, Lösungen für die Betroffenen zu erarbeiten. Wir haben im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten gemeinsam ein praktikables Modell für unsere Stadt gefunden, das den Betroffenen Hilfestellung gibt, ohne sie aus der Verantwortung zu nehmen. Auch vor dem Hintergrund steigender Energiekosten und einer zu erwartenden Verschärfung der Problematik sehe ich das Modell positiv.“

Regionalverbandsdirektor Peter Gillo: „Ich bin froh, dass wir jetzt einen gangbaren Weg gemeinsam mit dem größten Energieversorger der Region gefunden haben. Im Grundsatz bleibt das Problem aber weiter bestehen. Ich würde es daher für sinnvoll halten, eine bundeseinheitliche Änderung im Leistungsbezug der Hartz IV-Empfänger anzugehen, damit die Stromkosten aus dem Regelsatz direkt vom Jobcenter an die Energieversorger gezahlt werden können.“

Dr. Jochen Starke, Vorstandsvorsitzender von Energie SaarLorLux: „Wir arbeiten schon seit vielen Jahren mit den Sozialbehörden und -einrichtungen in Saarbrücken zusammen, um Stromsperren bei Sozialhilfeempfängern zu vermeiden. Das Saarbrücker 4-Punkte-Modell ermöglicht uns jetzt, im Falle einer drohenden Stromsperre aktiv an die Sozialbehörden heranzutreten, wenn der Sozialleistungsempfänger zugestimmt hat. Dies war uns bislang aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich.“

Peter Flohr, Vorstandsvorsitzender der Stadtwerke Saarbrücken: „Als Stadtwerke versorgen wir die Bürgerinnen und Bürger der Landeshauptstadt zuverlässig mit Energie. Im Falle einer Stromsperre haben wir die Betroffenen auch bisher schon früher, als es die gesetzliche Frist vorsieht, darüber informiert. Mit den jetzt neu getroffenen Vereinbarungen im Saarbrücker Modell sollen die Reaktionsmöglichkeiten in einem solchen Fall im Sinne der Kunden weiter verbessert werden.“

Baustein im Zusammenspiel zwischen Kunde, Grundversorger, Netzbetreiber und Jobcenter

Die Beteiligen sind sich darüber einig, dass es sich bei den entwickelten Lösungsansätzen um ein Modell für den Regionalverband Saarbrücken handelt, das insbesondere der am stärksten betroffenen Gruppe, den Sozialleistungsempfängern, eine Hilfe bietet. Das Modell ist ein wichtiger Baustein im Zusammenspiel von säumigen Kunden, Grundversorger, Netzbetreiber und Jobcenter, der die notwendige Eigeninitiative der betroffenen Kunden ergänzt. Gleichzeitig könne das „Saarbrücker 4-Punkte-Modell“ als Grundlage beziehungsweise Modul für regionale oder überregionale Lösungsansätze herangezogen werden.

Um eine flächendeckende Lösung für alle Bevölkerungsgruppen zu finden, müsse allein schon aufgrund der freien Wahl des Energieversorgers bundesweit eine Lösung getroffen werden. Die Kooperationspartner im „Saarbrücker 4-Punkte-Modell“ seien gerne bereit, an der Entwicklung entsprechender Modelle mitzuwirken.

Weiterführende Informationen

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