Bericht II: Wie fühlen sich die Jugendlichen mit den zunehmenden Lockerungen?

Die Junge Botschafterin aus Nantes, Charlotte Chicoine, bleibt dran: Sie möchte wissen, wie sich Jugendliche aus ihrer Heimatstadt mit den gelockerten Maßnahmen fühlen. Wie erleben junge Menschen das Wiederfinden ihres Alltags? Welche Einschränkungen bleiben?

Wir sind bereit, unser Bestes zu tun, um damit zu leben. Charlotte Chicoine

In Frankreich ist nun seit einem Monat die Ausgangssperre beendet, jetzt habe ich beschlossen, nach Saarbrücken zurückzukehren. Ich kann jetzt wieder im Büro im Saarbrücker Rathaus arbeiten und „mein Leben vor“ dem Coronavirus wieder aufnehmen, auch wenn das Virus noch nicht ganz verschwunden ist. Nachdem ich Nanteser Studierende befragt hatte, wie sie die Monate der Ausgangsbeschränkungen erlebt hatten, habe ich mich nun dafür interessiert, wie die Jugendlichen die gegenwärtige Phase der Lockerungen erleben.

Für einige Jugendliche sind die Lockerungen gleichbedeutend mit einer raschen Rückkehr ins Leben, wie es vorher war, jedoch mit einigen Anpassungen: „Am Anfang war es seltsam, die Menschen wieder zu sehen, es ist, als müssten wir uns wieder an die Geselligkeit gewöhnen, aber es wurde schnell wieder wie vorher“, erzählt Blandine.  In gewisser Weise ist es schön, Familie und Freunde bei Grillfesten, Aperitif, Picknicks und all den anderen Zusammenkünften zu sehen, die das Leben im Sommer so angenehm machen. Aber es wirft, nach all den Monaten, die wir durchgemacht haben, immer noch Fragen auf. „Ich dachte, das Coronavirus und die Ausgangsbeschränkungen würden unser Leben, unser Verhalten gegenüber anderen verändern... Bis jetzt hat es keinen Unterschied gemacht. Vielleicht ist es Sorglosigkeit von unserer Seite, aber so fühle ich mich“, fährt Blandine fort.

Es ist jetzt möglich, seine Lieben wieder zu sehen, aber wenn es darum geht, neue Menschen zu treffen, ist die Perspektive nicht dieselbe wie zuvor, sagt Eamon, mein Pendant, der Junge Botschafter von Saarbrücken: „Ich empfinde vor allem den Umgang mit Fremden als stark verändert. Ich bin ein sehr offener Mensch und mag es mit vielen Leuten in Kontakt zu sein. Ich finde sehr traurig, dass wir im Moment, wenn wir fremden Menschen begegnen, diesen aus dem Weg gehen müssen, statt auf sie zugehen zu können. Ich hoffe, die Leute gewöhnen sich diesen Reflex wieder ab, wenn die Krise vorüber ist.“ Er hofft, und so ich hoffe auch, dass sich die Menschen, wenn die Krise vorbei ist, wieder daran gewöhnen, auf andere zuzugehen.

Auch Hannah, die als Verkäuferin arbeitet, spürt diese unsichtbare Barriere zwischen den Menschen, zumal sie den ganzen Tag ihre Maske tragen muss, die sie als „erdrückend“ wahrnimmt und für sie „eine Barriere zwischen den Menschen“ darstellt. Trotz allem ist sie glücklich, dass das Leben seinen Lauf nimmt, und zieht aus all dem eine Lehre: „Seit dem Ende der Ausgangsbeschränkungen habe ich die Augen für meine Gewohnheiten geöffnet: Ich wollte nicht überstürzt einkaufen gehen, sondern meinen Konsum überdenken und so viel wie möglich lokal konsumieren.“

Schließlich erkundigte ich mich gegenüber den Befragten, was sie als erstes nach Ende der Ausgangssperre getan haben; ein Picknick mit Freunden, der erste Spaziergang von mehr als einem Kilometer, Familienessen… jeder auf seine Weise, um die Freiheit, die sie wieder gewonnen hatten, zu nutzen. Nach dem, was ich in den letzten Wochen in Nantes und insbesondere in meiner Umgebung beobachtet habe, geht es den Jugendlichen gut. (Es sei auch darauf hingewiesen, dass die Nanteser Region eine der am wenigsten von der Epidemie betroffenen Regionen Frankreichs war und ist.) Auch wenn die Anwesenheit des Coronavirus immer durch soziale Distanz und sichtbarer mit Masken wahrgenommen wird, sind wir bereit, unser Bestes zu tun, um damit zu leben.